ONKOGENE MET-ALTERATIONEN BEIM NICHT-KLEINZELLIGEN LUNGENKREBS

5. DIAGNOSTIK BEI MET-ALTERIERTEM NSCLC

Aktuell wird empfohlen alle Patient*innen mit NSCLC im Stadium IV vor Beginn einer Erstlinientherapie auf therapierelevante genetische Veränderungen zu testen [Onkopedia 2021]. Eine Erweiterung dieser Empfehlung zur Testung auf EGFR-Mutationen bei Patient*innen im Stadium IB bis IIIA nach vollständiger Tumorresektion gilt auf Grundlage der ADAURA-Studie mit Zulassungserweiterung von Osimertinib [Wu et al. 2020]. Darüber hinaus gilt es zukünftig eine breite molekulare Diagnostik auch in früheren Stadien zu etablieren, insbesondere vor dem Hintergrund zu erwartender Zulassungen z. B. von Immuntherapien in der Adjuvanz.

Für den Nachweis einer MET-Dysregulation eignen sich, in Abhängigkeit der zugrunde liegenden genetischen Alteration, unterschiedliche molekularbiologische Methoden. Allen gemein ist, dass Tumorgewebe aktueller Goldstandard als Testmaterial ist. Mit der fortschreitenden Entwicklung der Liquid Biopsy könnte in Zukunft für Sequenzierungsverfahren jedoch eine Blutprobe ausreichen [Lee et al. 2021]. Hinsichtlich der MET-Dysregulation ist die Liquid Biopsy derzeit kein Teil der Routinediagnostik und Regelversorgung.

5.1 METex14-MUTATIONEN

Der Nachweis von MET-Exon-14-Skipping ist komplex, da es keine sogenannte Hotspot-Mutation gibt. Stattdessen sind mehr als 120 unterschiedliche Mutationen bekannt, die zu einem Fehlen von Exon 14 führen können. Die Immunhistochemie (IHC), das Standardverfahren zur Detektion von Protein-Überexpression, erwies sich für den Nachweis von METex14-Mutationen als nicht geeignet, u. a. da eine Überexpression nicht ausschließlich auf METex14-Mutationen beruht [Tan et al. 2021]. Vielmehr stellen DNA- und RNA-basierte Sequenzierungsverfahren die Methoden der Wahl dar [Guo et al. 2020]. Für die Sequenzierung von DNA stehen zum einen die Sanger-Sequenzierung und zum anderen das Next Generation Sequencing (NGS) zur Verfügung. Ersteres ist durch eine hohe Spezifität, aber eine geringe Sensitivität gekennzeichnet, verliert in der Biomarkertestung beim NSCLC jedoch zunehmend an Bedeutung [Tan et al. 2021]. Letzteres gilt aufgrund der zunehmenden Zahl an molekularen Treibern als State of the Art, da es die gleichzeitige Analyse mehrerer Zielgene in einer Gewebeprobe ermöglicht. Im Wesentlichen gibt es beim NGS zwei Verfahren, die sich in ihrer Methode zur Anreicherung der DNA unterscheiden: Hybrid-Capture- und Amplikon-basierte DNA-Anreicherung. Limitation aller DNA-Sequenzierungsverfahren ist, dass bei bis dato unbekannten MET-Alterationen nicht nachgewiesen werden kann, ob sie tatsächlich zu einem Skipping von Exon 14 führen [Guo et al. 2020]. Dies wird erst durch die Anwendung von RNA-basierten Methoden möglich. Dazu zählt die quantitative Reverse-Transkriptase- Polymerasekettenreaktion (qRT-PCR) ebenso wie das RNA-basierte NGS. Ein qRT-PCR-Test weist jedoch lediglich die METex14-Mutation nach, wobei der Materialaufwand für diesen einen Test verhältnismäßig hoch ist. Mithilfe des RNA-basierten NGS können hingegen auch Informationen über die Exon-13-Exon-15-Schnittstellen gewonnen werden [Tan et al. 2021]. Vorteil aller Sequenzierungsverfahren, die auf einer Analyse von mRNA beruhen, ist, dass die Herausforderungen einer Sequenzierung großer intronischer Regionen der DNA umgangen und neben METex14-Mutationen auch andere Fusionen, z. B. des ALK-Gens, nachgewiesen werden können. Nachteilig sind jedoch die geringere Stabilität und größere Empfindlichkeit von RNA im Vergleich zu DNA [Guo et al. 2020].

5.2 MET-AMP

Die MET-Amp kann ebenfalls mittels Verfahren wie qRT-PCR und NGS nachgewiesen werden, als Goldstandard gilt jedoch die Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH). Dabei werden mittels fluoreszenzmarkierten DNA-Sonden gezielt DNA-Abschnitte im histologischen Schnittpräparat angefärbt. Wird dabei lediglich eine MET-spezifische Sonde verwendet, so lässt sich zwar die GCN bestimmen, eine Polysomie kann jedoch nicht ausgeschlossen werden. Wenn zusätzlich eine CEP7-spezifische Sonde eingesetzt wird, kann das MET/CEP7-Verhältnis ermittelt und zwischen Polysomie und MET-Amp unterschieden werden (Abbildung 2) [Guo et al. 2020]. Im Gegensatz zur FISH lassen sich mithilfe des NGS neben einer MET-Amp gleichzeitig andere genomische Veränderungen identifizieren. „Verunreinigungen“ der Tumorproben mit gesunden Zellen sowie eine schlechte DNA-Qualität, z. B. bei älteren Tumorproben, erschweren jedoch den Nachweis von Gen-Amplifikationen mittels NGS. Auch ist die bioinformatische Analyse ungleich aufwendiger [Guo et al. 2020]. Im Vergleich zu FISH und NGS ist die qRT-PCR weniger gut für den Nachweis von MET-Amp charakterisiert und der Materialaufwand ist vergleichsweise hoch [Drilon et al. 2017].

Bisher herrscht kein Konsens über ein einheitliches Testverfahren oder Cut-off-Werte, die die Grenze einer klinisch relevanten Amplifikation festlegen. Cappuzzo et al. definierten beispielsweise ein positives FISH-Ergebnis als ≥ 5 MET-Kopien/Zelle [Cappuzzo et al. 2009]. Schildhaus et al. definierten wiederum eine MET-Amp als MET/CEP7 ≥ 2,0 oder durchschnittliche GCN pro Nukleus ≥ 6,0 oder ≥ 10 % der Tumorzellen mit ≥ 15 MET-Kopien [Schildhaus et al. 2015]. In der bereits erwähnten Studie von Overbeck et al. wurde wiederum eine Top-Level-Kategorie mit GCN ≥ 10 definiert, die mit spezifischen Eigenschaften assoziiert war [Overbeck et al. 2020]. Die fehlende Standardisierung erschwert Vergleiche zwischen Studien sowie die Bestimmung der MET-Amp-Prävalenz und Patientencharakteristika.

5.3 MET-FUSION

Der Nachweis von MET-Fusionen kann grundsätzlich sowohl durch FISH als auch qRT-PCR und NGS erfolgen. Die FISH ist jedoch ungeeignet, um sehr komplexe oder unbekannte Gen-Umlagerungen zu detektieren. DNA-basiertes NGS eignet sich hingegen zur Identifikation vielzähliger MET-Fusionen, doch lange oder repetitive Introns stellen eine Hürde für dieses Verfahren dar. Diese Schwachstellen können wiederum von RNA-basiertem NGS umgangen werden [Guo et al. 2020].

5.4 MET-ÜBEREXPRESSION

Die IHC stellt das Standardverfahren für den Nachweis von Protein(-über-)expression dar. Dabei wird das Zielprotein im histologischen Schnittpräparat durch spezifische Antikörper und daran gekoppelte Färbereaktionen detektiert. Für den Nachweis der MET-Überexpression stehen verschiedene monoklonale und polyklonale Antikörper sowie Antikörper gegen das phosphorylierte MET-Protein zur Verfügung.
Das Ausmaß und die Intensität der Färbung gelten als Maß für die Expression, wobei unterschiedliche Bewertungsskalen Verwendung finden. Bei der sehr häufig genutzten 0 – 3+-Skala erfolgt eine Einteilung in negative (0), schwache (1+), mittlere (2+) und starke (3+) Färbung. Eine Bewertung von 2+ in mehr als der Hälfte der Zellen gilt häufig als Kriterium für die MET-Überexpression. Zur Bestimmung der sogenannten H-Werte wird hingegen der prozentuale Anteil der Zellen mit einer 1+, 2+ oder 3+ Färbung mit dem jeweiligen Wert der Farbintensität multipliziert, sodass der resultierende Wert im Bereich von 0 bis 300 liegt. Ein H-Wert ≥ 200 wird üblicherweise als Überexpression definiert. An dieser Stelle soll nochmals betont werden, dass von einer MET-Überexpression nicht auf METex14-Mutationen oder eine MET-Amp geschlossen werden kann, vielmehr müssen diese Alterationen durch die in den obigen Kapiteln beschriebenen Methoden direkt nachgewiesen werden. Neben der IHC eignet sich auch die Massenspektronomie für den Nachweis einer Protein-Überexpression, diese Methode wird jedoch bislang nur zu Forschungszwecken angewendet [Guo et al. 2020].