PSORIASIS-THERAPIEN – FLEXIBLE ANPASSUNG BEI VERÄNDERTEN ANFORDERUNGEN

5 THERAPIEZIEL UND THERAPIEAUSWAHL

Das endgültige Therapieziel der Psoriasis-Behandlung ist das vollständige Abklingen von kutanen Symptomen. Da dies jedoch nicht bei allen Patienten erreicht werden kann, gilt ein PASI-75-Ansprechen als minimales Therapieziel. Mittlerweile sind jedoch auch höhere Therapieziele wie ein PASI-90-Ansprechen beim Einsatz von Biologika beim Großteil der Patienten zu erreichen [AWMF 2021].

Wird das Therapieziel bis zu einem festgelegten Zeitpunkt nicht erreicht, sollte die Therapie angepasst werden (Abbildung 3) [Kiedrowski et al. 2019]. Der Kontrollzeitraum von drei Monaten zeigt dabei an, wie lange Behandlungserfolge beobachtet werden sollten, um zu bewerten, ob es sich um Psoriasis-typische phasenhafte Schwankungen oder mangelndes bzw. nachlassendes Therapieansprechen handelt.

Zur Anpassung der Therapie gibt es verschiedene Möglichkeiten, auf die später noch genauer eingegangen wird [AWMF 2021]. Neben der Intensivierung einer Lokaltherapie können:

  • eine Anpassung der Dosis (Erhöhung der Dosierung oder Verkürzung des Gabeintervalls),
  • der Beginn einer Kombinationstherapie oder
  • der Einsatz eines alternativen Präparats oder Verfahrens erwogen werden.
Abbildung 3:­ Behandlungspfad Psoriasis; modifiziert nach [Kiedrowski et al. 2019]. ABFT, Ambulante Balneophototherapie; ADA, Adalimumab; CEP, Certolizumab Pegol; DLQI, Dermatology Life Quality Index; IL, Interleukin; Konv-T, konventionelle Systemtherapie; PASI, Psoriasis Area and Severity Index; PDE4, Phosphodiesterase-4-Inhibitor; TNF, Tumornekrosefaktor

5.1 ANFORDERUNGEN AN DIE THERAPIE

Bei der Wahl der Therapie ist nicht allein die Krankheitsschwere der Psoriasis von Bedeutung, sondern auch, welche Körperareale betroffen sind und ob Begleiterkrankungen vorliegen [AWMF 2021].

Topische Lokaltherapien sind zwar bedarfsgerecht einsetzbar, werden jedoch von vielen Patienten aufgrund des regelmäßigen und andauernden Auftragens als belastend und störend empfunden. Zusätzlich sind die betroffenen Stellen für die Patienten oft schwer zu erreichen (z. B. zwischen den Schulterblättern) oder zu zahlreich. Hinzu kommt die Angst vor eventuellen Nebenwirkungen aufgrund der langen Anwendung und die Unzufriedenheit mit der Wirksamkeit der Behandlung [Lebwohl et al. 2021].

Sind Sonderlokalisationen wie Nägel, Kopfhaut, Intimbereich, Handflächen und Fußsohlen betroffen, so sind diese besonders schwer zu behandeln und werden auch als Challenging oder Difficult-to-Treat Areas bezeichnet [Callis Duffin et al. 2021, Egeberg et al. 2020]. Vor allem topische Therapien sind in diesen Bereichen schwierig anzuwenden und führen dadurch zu verringerter Wirksamkeit und mangelnder Therapietreue. Daher müssen oft systemische Therapien eingesetzt werden [Sarma 2017].

Ausbleibende Behandlungserfolge sind nicht allein auf den Einsatz von nicht adäquaten Behandlungsmethoden zurückzuführen, sondern können auch auf Veränderungen der Krankheitsaktivität im Anschluss an eine Trigger-Episode zurückzuführen sein. Der am häufigsten auftretende Triggerfaktor ist dabei Stress (92,0 %) gefolgt von Infektionen (33,1 %) und Medikamenteneinnahmen (3,7 %) (Abbildung 4) [Mrowietz et al. 2021]. Es gibt zudem Indizien dafür, dass Stress nicht nur als Triggerfaktor zu Exazerbationen von Psoriasis führen kann, sondern auch als Auslöser der Erkrankung infrage kommt [Stewart et al. 2018].

Neben den genannten Triggerfaktoren gibt es noch andere Auslöser, die zu Krankheitsschüben führen können, z. B. Entwicklungsprozesse [Ceovic et al. 2013] bei Heranwachsenden, Gewichtszunahme [Mahé 2020] oder das zusätzliche Auftreten von Begleiterkrankungen. Diese können eine Anpassung der Behandlung erforderlich machen, um auf Patientenbedürfnisse zu reagieren.

Außerdem können veränderte Lebensumstände eine Pausierung der Therapie erfordern. Gründe hierfür können z. B. eine bevorstehende Operation oder eine Schwangerschaft sein [AWMF 2021, Brezinski und Armstrong 2012]. Bei Therapieunterbrechungen ist besonders die unterschiedliche Halbwertszeit einzelner Therapeutika zu beachten, die sich in den Gabeintervallen widerspiegelt. In der Regel sind Substanzen, die in einem kürzeren Dosierungsintervall eingenommen werden müssen, schneller aus dem Körper auszuschleichen und bieten so die Möglichkeit flexibler zu agieren. Es gibt verschiedene Gründe, die eine Flexibilität beim Therapiemanagement erfordern. Hierbei gilt es Aspekte wie das Wiederansprechen nach Therapiepause, die Wirkdauer und das Einnahmeintervall sowie eine Therapeutika-Immunogenität zu berücksichtigen, auf welche im folgenden Kapitel noch genauer eingegangen wird.

Abbildung 4:­ Häufigkeit des Auftretens unterschiedlicher Triggerfaktoren bei Psoriasis-Patienten(N = 536); modifiziert nach [Mrowietz et al. 2021].

5.2 SYSTEMISCHE THERAPIEMÖGLICHKEITEN UND WAS BEI DER ANWENDUNG ZU BEACHTEN IST

Konventionelle systemische Therapeutika wie Fumarate oder Methotrexat (MTX) werden zwar bereits seit den 70er Jahren eingesetzt, wurden jedoch nicht aufgrund von Studien nach heutigen klinischen Standards zugelassen. Auch ist der Wirkmechanismus von MTX nach wie vor nicht voll verstanden [Kuhn et al. 2010]. Die empfohlene Startdosis für Dimethylfumarat liegt bei 30 mg/Tag und kann bis auf eine Maximaldosis von 720 mg/Tag erhöht werden. Dabei kann es zu alltagsrelevanten Unverträglichkeiten kommen, wie zum Beispiel Durchfallerkrankungen, welche bei 36,9 % der Patienten auftreten. Wenn eine Dosis bei der schrittweisen Erhöhung nicht vertragen wird, soll sie vorübergehend auf die zuletzt vertragene Dosis reduziert werden [Fachinfo-Service 2022]. Erst danach kann das Ansprechen beurteilt werden.

Biologika sind, anders als oft angenommen, einfacher einzustellen als manche konventionelle systemische Therapien und ermöglichen im Gegensatz zu diesen ein schnelleres und besseres Ansprechen bei zusätzlicher Senkung des Mortalitätsrisikos [Langley et al. 2021].

Die Prävalenz von sog. Non-Respondern, die ein PASI-75-Ansprechen nach 10 – 16 Wochen der Behandlung nicht erreichen, variiert dabei zwischen den unterschiedlichen Biologika (Tabelle 4).

Tabelle 4:­ Prozentualer Anteil der Patienten in den jeweiligen Phase-III-Studien, die kein PASI-75-Ansprechen erreicht haben, und die Prävalenz von ADA.

Im Verlauf von Biologika-Therapien kann es zu einem Ab- fall im Therapieansprechen kommen. Die Ursache dafür können Anti-Drug Antibodies (ADA) sein: Die durch das Biologikum verabreichten therapeutischen Antikörper können vom Immunsystem als körperfremde Proteine eingestuft werden und eine Immunreaktion auslösen. Die dadurch gebildeten ADA können zur Neutralisation der therapeutischen Antikörper führen. Ist der Titer der ADA ausreichend hoch, können diese die Wirksamkeit des Arzneimittels verringern und ein Nichtansprechen ist wahrscheinlich [Garcês und Demengeot 2018]. Die Häufigkeit dieser ADA bei Psoriasis-Patienten variiert dabei zwischen unterschiedlichen Biologika, aber auch zwischen verschiedenen Studien (Tabelle 4) [Hsu und Armstrong 2013, Hsu et al. 2014]. Die höchsten ADA-Raten wurden bei TNFα-Antikörpern festgestellt und sind wahrscheinlich auf die spezifische, gegen TNFα gerichtete Antikörper-Struktur zurückzuführen [Valenzuela und Flores 2021]. Die geringste ADA-Bildung gibt es bei Secukinumab (< 1 %) [Langley et al. 2014] Das Risiko für die Entwicklung von ADA wird dabei durch eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst, zu denen die Medikamentendosis und die Häufigkeit der Verabreichung zählen. Eine höhere Dosis, die ohne Unterbrechung gegeben wird, ist dabei meist weniger immunogen als eine niedrigere Dosis, die intermittierend verabreicht wird [Jullien et al. 2015]. Eine geringere Rolle scheint es zu spielen, ob die therapeutischen Antikörper vollhuman oder teilweise tierischen Ursprungs (humanisiert) sind Valenzuela und Flores 2021].

Eine Studie mit Adalimumab zeigte, dass 75 % der Patienten, die einen Rückfall während einer 40-wöchigen Therapiepause erlitten hatten, erneut ein PASI-75-Ansprechen erreichten [Gordon et al. 2015], wohingegen eine ähnliche Studie zum Absetzen von Secukinumab zeigte, dass über 90 % der Patienten ein Wiederansprechen (PASI 75) nach einer Therapiepause erreichten. Die durchschnittliche Zeit zum Wiederansprechen lag bei 4,0 Wochen für ein PASI-75- und bei 8,1 Wochen für ein PASI-90-Ansprechen [Blauvelt et al. 2017].