MOLEKULARE TESTUNG BEIM NICHT-KLEINZELLIGEN LUNGENKARZINOM
1. Einleitung
Lungenkrebs ist mit mehr als zwei Millionen Neuerkrankungen im Jahr 2020 neben Brustkrebs die
häufigste Krebsart weltweit. Zudem stellt Lungenkrebs
vor kolorektalen Karzinomen mit Abstand die häufigste krebsbedingte Todesursache dar (Lungenkrebs:
18 % vs. kolorektale Karzinome: 9,4 %) [WHO 2020].
In Deutschland wurden 2017 ca. 57.000 Neuerkrankungen registriert [Zentrum für Krebsregisterdaten
2017]. Für das Jahr 2020 berechnete eine Prognose
des Robert Koch-Instituts unter der Annahme einer
Trendfortsetzung der Jahre 2000 – 2009 etwa 36.000
Neuerkrankungen bei Männern und 27.000 bei Frauen
[Nowossadeck et al. 2014]. Insgesamt lässt sich über
die letzten Jahrzehnte beobachten, dass die Inzidenz-
und Mortalitätsraten bei Männern sinken, bei Frauen
hingegen ansteigen [Zentrum für Krebsregisterdaten
2017]. Dies wird überwiegend auf die zuvor bei beiden
Geschlechtern gegensätzliche Entwicklung des Tabakrauchens zurückgeführt, da Rauchen den Hauptrisikofaktor für die
Entstehung von Lungenkrebs darstellt.
Weitere Risikofaktoren sind kanzerogene Stoffe, wie
Asbest und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, natürliche Radonexposition, berufliche Strahlenexposition
und Luftschadstoffe, wie Feinstaub und
Dieselabgase [Zentrum für Krebsregisterdaten 2017].
Das Lungenkarzinom wird histologisch in das nicht-kleinzellige Lungenkarzinom (Non-Small Cell Lung Cancer,
NSCLC) und das kleinzellige Lungenkarzinom (Small Cell
Lung Cancer, SCLC) eingeteilt. Darüber hinaus wird beim
NSCLC zwischen Adenokarzinomen (46,1 % bei Frauen,
36,6 % bei Männern), Plattenepithelkarzinomen (15,1 %
bei Frauen, 28,6 % bei Männern) und großzelligen Karzinomen (jeweils ca. 5 %) unterschieden [Kraywinkel und
Schönfeld 2018]. Aufgrund fehlender bzw. unspezifischer
Symptomatik erfolgt die Diagnose häufig erst in späten
Stadien. So werden 35 – 40 % der NSCLC-Patient*innen
erst im Stadium IV diagnostiziert [Onkopedia 2021]. Die
Therapieoptionen hängen ebenfalls vom Stadium der
Erkrankung ab, sie umfassen Operation, Chemotherapie,
Strahlentherapie, Immuntherapie und zielgerichtete
Therapien. Letztere sind in den zurückliegenden Jahren
besonders in den Fokus von Forschung und Klinik gerückt, da beim NSCLC zahlreiche onkogene molekulare
Treiber identifiziert und entsprechende zielgerichtete
Wirkstoffe entwickelt werden konnten.
So wird mit den bereits zugelassenen zielgerichteten
Therapien und den zu erwartenden Zulassungen für
neue molekulare Treiber in naher Zukunft für mehr
als die Hälfte der NSCLC-Patient*innen mit fortgeschrittenem Adenokarzinom eine zielgerichtete Therapie passend
zum Mutationsstatus verfügbar sein
[Thai et al. 2021]. Voraussetzung für die
Anwendung der zielgerichteten Therapien ist jedoch
eine breite und routinemäßige molekulare Diagnostik,
um eine Identifikation vorhandener molekularer Treiber
zu ermöglichen. Ziel dieser CME-Fortbildung ist es
daher, eine aktuelle Übersicht zu molekularen Treibern
und entsprechenden zielgerichteten Therapien beim
NSCLC zu geben und die Bedeutung der molekularen
Testung hervorzuheben.