CHIMÄRE-ANTIGENREZEPTOR-(CAR-)T-ZELLEN ZUR BEHANDLUNG DES REFRAKTÄREN ODER REZIDIVIERTEN DIFFUSEN GROẞZELLIGEN B-ZELL-LYMPHOMS

2 HINTERGRUND – DLBCL

Das DLBCL ist mit ca. 25 % aller Non-Hodgkin-Lymphome (NHL) die häufigste maligne Erkrankung des lymphatischen Systems. Die Inzidenz steigt mit dem Lebensalter, doch auch jüngere Menschen können davon betroffen sein. Es geht von reifen B-Zellen aus und führt unbehandelt zum Tode. Charakteristisch für das DLBCL sind rasch progrediente Lymphknotenvergrößerungen und/oder extranodale Manifestationen. Fast ein Drittel der Patient:innen zeigt eine B-Symptomatik (= Fieber, Nachtschweiß und Gewichtsverlust). Der Therapieanspruch ist kurativ: Die Heilungsrate von Patient:innen mit DLBCL liegt bei ca. 65 % [Lenz 2022].

2.1 DEFINITION DES DLBCL

Gemäß der aktuellen WHO-Klassifikation wird das nicht weiter spezifizierte DLBCL (Not Otherwise Specified, NOS) von anderen reifzelligen aggressiven B Zell-Lymphomen basierend auf morphologischen, genetischen und anderen klinischen Eigenschaften (wie z. B. der Lokalisation oder einer etwaigen Assoziation mit Infektionskrankheiten) abgegrenzt [Swerdlow et al. 2017]. Verschiedene Subtypen großzelliger B-Zelllymphome (Large B-Cell Lymphoma, LBCL) können dabei nach den gleichen Prinzipien diagnostiziert und behandelt werden: das T-Zell-/histiozytenreiche großzellige B-Zell-Lymphom, das primär kutane DLBCL der unteren Extremität (Leg Type), das Epstein-Barr Virus-positive DLBCL, das primär mediastinale großzellige B-Zell-Lymphom (Primary Mediastinal B-Cell Lymphoma, PMBCL), das intravaskuläre großzellige B-Zell-Lymphom, das plasmoblastische Lymphom und das follikuläre Lymphom Grad 3b (FL3B) [Lenz 2022, Swerdlow et al. 2017]. Der distinkten Entität des High Grade B-Cell Lymphoma (HGBCL) werden DLBCL zugeordnet, die Translokationen in den Genen MYC und BLC2 und/oder BCL6 aufweisen (etwa 3 – 10 % der DLBCL) [Scott et al. 2018].

2.2 PATHOGENESE

Das DLBCL ist hinsichtlich seiner Morphologie, des klinischen Erscheinungsbildes und seiner zugrunde liegenden Biologie und Genetik eine sehr heterogene Erkrankung [Swerdlow et al. 2017]. Anhand der Ursprungszelle (Cell Of Origin, COO) lässt sich eine Subtypisierung in ein keimzentrumsartiges (Germinal Center B-Cell-Like, GCB) oder ein aktivierte-B-Zell-ähnliches (Activated B-Cell-Like, ABC) DLBCL vornehmen [Alizadeh et al. 2000]. Allerdings gelingt in 10 – 15 % der DLBCL-Fälle keine eindeutige Zuordnung zu den genannten Subtypen. Der Goldstandard für die COO-Bestimmung ist die Genexpressionsanalyse, die für die Regelversorgung jedoch nicht zur Verfügung steht. Eine immunhistochemische Einteilung in GCB und Nicht-GCB-DLBCL unter Verwendung der sog. Hans-Klassifikation ist nicht von prognostischer Relevanz [Read et al. 2014]. Mittlerweile konnten durch genetische Analysen mithilfe aktueller Gensequenzierungsmethoden (Next Generation Sequencing, NGS) vier bis fünf molekulare Subtypen identifiziert werden, die zwar eine feingliedrigere Risikostratifizierung der Patient:innen erlauben, deren Bedeutung für die Krankenversorgung aber noch unklar ist [Chapuy et al. 2018, Schmitz et al. 2018].

2.3 DIAGNOSTIK UND STADIENEINTEILUNG

Neben der Anamneseerhebung und der klinischen Untersuchung ist zur Durchführung einer detaillierten immunhistologischen und molekularen Diagnostik eine ausreichend große Gewebeentnahme, idealerweise als Lymphknotenexstirpation, erforderlich. Entspricht nach der histologischen Aufarbeitung die Morphologie einem DLBCL, müssen weitere Untersuchungen durchgeführt werden, um eine weitere Einteilung entsprechend der Klassifikation nach den Kriterien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) vornehmen zu können [Klapper et al. 2019]:

  • Eine Immunphänotypisierung via Immunhistochemie und/oder bei ausschwemmenden Lymphomen auch via Durchflusszytometrie. Die Zellen exprimieren dabei regelmäßig Pan-B-Zell-Marker wie z. B. CD19, CD20 oder CD79a.
  • Eine Analyse der (Über-)Expression von MYC, BCL2 und/oder BCL6 in der Immunhistochemie und/oder Durchflusszytometrie. Das Vorliegen eines Double/ Triple-Expressor-Status war in retrospektiven Studien mit einer schlechteren Prognose verbunden, hat momentan jedoch i. d. R. wenig therapeutische Relevanz [Rosenwald et al. 2019].
  • Eine Chromosomenanalyse mithilfe der Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) zum Nachweis einer MYC-, BCL2- und/oder BCL6-Translokation.
  • Eine molekulargenetische Bestimmung des COO Subtyps, die jedoch nicht regelhaft zur Verfügung steht und die Therapieentscheidung (außerhalb von Studien) i. d. R. nicht beeinflusst.

Die Ann-Arbor-Klassifikation dient als Grundlage zur Einteilung des Krankheitsstadiums (Staging) [Lister et al. 1989]. Zur korrekten Einteilung sind eine Anamnese, eine körperliche Untersuchung, eine Bildgebung mittels Computertomographien (CT) sowie eine Knochenmarkbiopsie erforderlich. International wird zur Ausbreitungsdiagnostik eine Positronen-Emissions-Tomographie (PET) in Kombination mit einer CT (PET-CT) empfohlen [Johnson et al. 2012].

2.4 PROGNOSE

Klinisch lässt sich die Prognose eines aggressiven DLBCL durch den International Prognostic Index (IPI) anhand der Kriterien Ann-Arbor-Stadium (I/II vs. III/ IV), Lactatdehydrogenase (normal vs. erhöht), Alter (≤ 60 vs. > 60 Jahre), Allgemeinzustand nach den Kriterien der Eastern Cooperative Oncology Group (ECOG) (Score < 2 vs. ≥ 2), Anzahl der extralymphatischen Manifestationen (< 2 vs. ≥ 2) bestimmen [Cunningham et al. 2013, International Non-Hodgkin‘s Lymphoma Prognostic Factors Project 1993]. Auch in der Ära neuer Therapeutika-Kombinationen konnte der IPI in allen prospektiven klinischen Studien mit relevanter Fallzahl die Patient:innen in prognostische Gruppen diskriminieren [Ziepert et al. 2010]. Über den IPI hinaus sind weitere Risikofaktoren bekannt, dazu gehören u. a. Bulky-Disease- oder Double/Triple-Expression/Hit-Erkrankungen.